"Der Projektplan des Webprojekts steht. Die Meilensteine sind gesetzt und der Aufgaben-Wasserfall darf sich in die Tiefe stürzen.
Oder aber die Umsetzung erfolgt agil. Epics wurden im Planing Poker grob geschätzt und tolle erste Stories geschrieben, die nun der Umsetzung erzählt werden wollen. Die Vorbereitung war also lehrbuchartig.
Der 1. Meilenstein wird schnell erreicht – die ersten Sprints sind abgeschlossen und einige brauchbare Ergebnisse wurden erzielt. Das Projekt läuft, aber irgendwann stellt man fest, dass die einzelnen Aufgaben nicht fertig werden / doch nicht so klar sind wie in der Planung gedacht / insgesamt alles länger dauert als angenommen. Im schlimmsten Fall droht sogar der Aufgaben-Wasserfall einen mit sich zu reißen und der Projekterfolg wird gerade maximal agil selbst zur Geschichte.
Was ist passiert und war die Vorbereitung wirklich so lehrbuchartig?
Eine oft unterschätzte Quelle großer und kleiner Herausforderungen ist der Project Scope – und dass, nicht nur bei der Festlegung des Projektumfangs sondern auch während der Umsetzung.
Welche Methoden und Tools gibt es um einen sinnvollen Projektumfang festzulegen? Wie kann ein idealer Project Scope aussehen – egal ob Wasserfalls oder agile Umsetzung? Was ist eigentlich Project Creep und wie wird er verhindert? Schauen wir es uns gemeinsam an."
Bernhard Aster
Technischer Berater bei Arrabiata
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Lesezeit: 10-12 Minuten
Was ist Scoping und wofür brauchen Sie dies?
Scoping leitet sich vom Begriff "scope" (engl. für Umfang) ab und beschreibt einen Planungsschritt, um den Rahmen eines Projektes konkreter zu definieren. Es ist damit ein Teil des Anforderungsmanagements, worin abgegrenzt wird, was das Projekt abdeckt und vor allem auch, was nicht.
Intention dieses Vorgehens ist, für alle jetzt und später Beteiligten ein klares Zielbild zu schaffen und das Risiko des Scheiterns eines Projektes zu verringern.
Man kann nicht nicht scopen!
Implizit wird jede Aufgabe und jedes Projekt in irgendeiner Form abgesteckt. Je nach Komplexität des Projektes unterscheiden sich Vorgehen und Detailgrad. Scoping ist somit kein festgeschriebener Prozess sondern ein Methodenset. In unserem Alltag als Digitalagentur erleben wir Kundenanfragen mit teilweise schon sehr ausdifferenzierten Anforderungen aber auch recht grobe Projektideen, deren einzig klare Grundlage festgelegte Business-Ziele sind. Damit kann Scoping ein relativ knappes Festhalten von Eckpunkten bis zu einer mehrwöchigen Phase mit begleitenden Analysen von z.B. Systemlandschaften, Prozessen und Abhängigkeiten umfassen.
Was Scoping nicht ist
Ziel ist die Anforderungserfassung und keine Strategieberatung – diese würde vorgelagert erfolgen und damit das Fundament darstellen. Es werden Anforderungen und Einschränkungen beschrieben - also WAS ein System bzw. Kommunikationsprodukt können soll und nicht WIE es das machen wird.
Scoping ist nie lästiger Selbstzweck sondern eine wertvolle Leitlinie für Projektentscheidungen und ein unerlässlicher Baustein für einen reibungsarmen Projektstart.
Es ist schon herausfordernd genug, den Umfang eines Projektes initial festzulegen. Ist dieser Schritt erfolgreich inkl. der Zustimmung aller Stakeholderinnen und Stakeholder erfolgt, sei man vor einer dauerhaften Gefahr gewarnt, dem sogenannten Scope Creep. Dieser meint die unvorhergesehene und unkontrollierte Ausweitung des ursprünglich festgesetzten Umfangs. Creep heißt übersetzt zwar "Einschleichen", es passt aber genauso der Begriff "Schleicher" – analog zum Schleicher bei einem Reifen beim Auto oder Fahrrad, aus dem unbemerkt Luft entweicht und somit Gefahr läuft, das Ziel nicht zu erreichen.
Gründe, die ein Projekt in Schwierigkeiten bringen kann, gibt es einige - die gängigsten hier mal zusammengetragen. Damit ist zugleich erklärt, weshalb Scoping viel Erfahrung und einen klaren womöglich sogar unbefangenen Blick erfordert.
Um die genannten Fehler bei der Definition des Projektumfangs vorzubeugen, sollte man sich über folgende Grundlagen Gedanken gemacht haben.